Donnerstag, 26. April 2012

Wochenende in Kisumu + Endspurt als Volontär bei African Impact



KESHO

Nachdem ich Freitag zunächst noch meine “Pflicht“ auf der Mutter/Baby-Station im Karuri Health Center erfüllt habe (aufgrund von unkontrolliertem Harnaustritt der ganzen Nackideis musste ich sogar einmal die Handschuhe wechseln) habe ich mich nachmittags mit Alois, dem Kopf der Organisation KESHO (Kenya Environmental Sanitarian Health Organisation), in Nairobi getroffen. Wie schon in früheren Blogeinträgen erwähnt ist KESHO eine der drei kenianischen Organisationen, die in enger Zusammenarbeit mit unserem Aachener Hilfswerk MISEREOR stehen. Ich war froh, dass dieses Treffen zustande kam (an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Anja B. von MISEREOR). 

Alois erzählte mir viele interessante Dinge über seine Arbeit; die Organisation legt ihren Fokus einerseits auf die Verbesserung der Lebensumstände in den Slums um Nairobi, so vor allem in Korogocho, dem neben Kibera größten Slum in bzw. um Nairobi (Korogocho befindet sich etwa 10 km nordöstlich von Nairobi’s Central Business District, Kibera etwa 7 km südwestlich vom CBD). Neben der positiven Entwicklung der Slums legt die Organisation ihren Fokus auch auf die Versöhnung der verschiedenen in den Slums lebenden ethnischen Gruppen, allen voran die Kikuyu und die Luo. Wie zuvor bereits erwähnt, gibt es in Kenia insgesamt 42 verschiendene Tribes/Stämme. Normalerweise, und das sehe ich hier tagtäglich, ist ein friedliches Zusammenleben ohne jegliche Einschränkungen zwischen den Stämmen möglich. Bei den Präsidentschaftswahlen 2007 hat es allerdings, ausgehend von Unstimmigkeiten bei den Wahlen und gegenseitigen Anschuldigungen seitens der Politiker, große, wirklich große Tumulte in Kenia gegeben, die Geschichte geschrieben haben. Insbesondere die in den Slums lebenden Menschen haben sich gegenseitig getötet, haben Häuser in Brand gesteckt, sich gegenseitig vertrieben, etc. Dieser Bürgerkrieg, so bezeichne ich es mal, hauptsächlich zwischen den Kikuyu und den Luo, konnte dann langsam durch einen quasi politischen Kompromiss (Raila Odinga wurde zwar nicht Präsident (Kibaki), dafür aber Prime Minister) wieder unter Kontrolle gebracht werden. Ich habe im Vorfeld meiner Abreise viel über die Situation gelesen, aber dies persönlich von Alois nochmal geschildert zu bekommen, war, ich sag mal, eindrucksvoll. KESHO beschäftigt sich eben auch mit der Frage, warum es damals zu diesem Desaster kommen konnte, welche (ganzen) Faktoren eine Rolle gespielt haben (die o.a. politischen “Unstimmigkeiten“ waren laut Alois nur eine von vielen existierenden Ursachen) und was zu tun ist, um einem solchen Kleinkrieg in Zukunft vorzubeugen.

Ich habe Alois einige Artikel aus mitgebrachten MISEREOR-Magazinen, die die Situation z.B. in Korogocho beschreiben, gezeigt, und er erkannte direkt nicht nur die ganzen Schauplätze wieder, sondern sogar namentlich auch die Personen, die auf den Fotos aus dem Slum abgebildet waren. Wirklich sehr beeindruckend. Alois hat die ganze Zeit über sehr gut von seinem “deutschen Partner“ gesprochen.
(Das Foto zeigt einen Ausschnitt von Korogocho; ausnahmsweise handelt es sich hier nicht um ein selbst geschossenes Foto).

Auch wenn Alois an diesem Tag nicht sehr viel Zeit hatte, war das Treffen gut und hochinteressant. Er bot an, mir an einem anderen Tag die ganzen Schauplätze zu zeigen, die in den MISEREOR-Magazinen abgebildet sind. Dieses Angebot nahm ich natürlich an; das Treffen im Korogocho-Slum wird vmtl. an meinem vorletzten Tag in Kenia stattfinden, also in etwa 1,5 Wochen.


Wochenende in Kisumu

Nachdem ich den Freitag abend gemütlich mit ein paar “Tusker“ in Nairobi’s CBD verbracht habe, ging es dann um 21:00 Uhr zu dem Busunternehmen “Easy Coach“, von welchem ich vor einer Woche ein Ticket für den Nachtbus nach Kisumu gekauft habe. Ich ahnte noch nicht im Entferntesten, welche neue Erfahrung ich damit machen würde. Zunächst mal... “African Time“... Abfahrt war statt 21:30 Uhr gegen 23:00 Uhr. Die Fahrt dauerte statt 5-6 Stunden insgesamt 10 Stunden; Ankunft in Kisumu war also gegen 09:00 Uhr. Entgegen aller Ratschläge der Kenianer, dass “Easy Coach“ ein gutes, zuverlässiges und komfortables Busunternehmen ist, hat sich die Fahrt als wahre Höllenfahrt erwiesen. Der Bus war sehr schlecht, der Fahrer war sehr schlecht, und vor allem die Straßen waren sehr schlecht. Insgesamt ist dies eine sehr schlechte Kombination. Meine Vorstellung, mit einem Nachtbus zu reisen würde nicht nur Zeit sparen, sondern auch eine Unterkunft, da ich während der Fahrt schlafen kann, entsprach leider nicht der Realität. Ich befand mich in diesen 10 Stunden quasi mehr in der Luft als auf meinem Sitz. Einmal wurde ich mitten in der Nacht aufgrund extrem starkem Bremsen und Rumpeln aus meinem Halbschlaf gerissen, und die Leute begannen schon zu schreien... keine Ahnung, was da gewesen ist - es war ja stockdunkel draußen - aber ich vermute, dass dies nicht weit von einem Unfall entfernt war. Nach unglaublich langen 10 Stunden Fahrt bin ich dann endlich in Kisumu angekommen, der nach Nairobi und Mombasa drittgrößten Stadt Kenias, ganz im Westen des Landes gelegen.

Das Erste, was ich nach dem Einchecken in meinem günstigen Guest House gemacht habe, war 1 Stunde Schlafen, und das Zweite war eine Fahrt zum 3 km entfernten Flughafen und das Kaufen eines Rückflugtickets. :-) Leider musste ich dieses schon für den Folgetag ausstellen lassen, da ich ja Montag morgen schon wieder frisch und munter auf der Matte stehen musste - daher war meine Zeit in Kisumu leider sehr begrenzt.
Das Foto entstand auf der Dachterrasse meiner Unterkunft; es zeigt die Oginga Odinga Street in Blickrichtung der Hauptstraße Kenyatta Highway.


Kisumu hat mir wirklich sehr gut gefallen. Alles hier ist ruhiger und übersichtlicher, wirkt irgendwie "sauberer", und vor allem: Kisumu ist direkt am Lake Victoria gelegen, dem größten See Afrikas und dem nach den Great Lakes in Nordamerika Zweitgrößten der Welt. Auf diesen See, der sein Zuhause in drei Staaten findet (Kenia, Uganda und Tansania), habe ich mich wirklich sehr gefreut; so machte ich hier auch eine kleine Bootstour. 
 
Obwohl ich Sonntag morgen aufgrund eines Bar-/Clubbesuches erst gegen 01:30 Uhr unter meiner Bettdecke lag, ging es für mich ein paar Stunden später schon wieder raus aus den Federn, um in die morgendliche Messe der in Kisumu befindlichen christlich katholischen Kirche St. Joseph zu gehen. Die Messe hat lange 1,5 Stunden gedauert, “aber“ es war wirklich eine interessante Erfahrung. In den meißten (ich sag mal “richtigen“) Kirchen Kenias werden verschiedene Messen in den beiden Sprachen Swahili und Englisch angeboten; ich besuchte natürlich eine Messe in Englisch. Im Grunde verläuft die Messe sehr ähnlich der unseren; ledigliche Unterschiede bestehen beispielsweise darin, dass eine der Fürbitten z.B. gezielt für die Waisen(kinder) gesprochen wurde; weiterhin wird sehr viel, ich glaube insgesamt 3 Mal, Weihrauch verwendet, und weiterhin, so kann man es denke ich ausdrücken, hat die Messe insgesamt ein wenig mehr “Pepp“; damit meine ich, dass die Menschen der komplett ausgefüllten nicht gerade kleinen Kirche zu den vom Chor gesungenen Liedern im Takt klatschen, sich leicht bewegen, oder auch schon mal singenderweise gemeinsam mit den Händen winken. Aber das sind im Grunde nur kleine Unterschiede; im Großen und Ganzen war die Messe gleich der unseren (nur auch eben doppelt so laaaangeeeeeeeee - ihr könnt euch das so vorstellen: das hat sich so gezogen wie das Lesen meiner Blogeinträge); und zwar sogar inklusive “Gebt einander ein Zeichen des Friedens“.

Während meinen ganzen Vorbereitungen auf meine Zeit in Kenia im Vorfeld meiner Abreise bin ich auch auf einen Artikel gestoßen, den ich in einem Newsletter von der AGEH (Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe) erhalten habe. In diesem Artikel war die Rede von einem deutschen Volontär namens Tobias aus Aachen-Brand, der für 9 Monate seinen “Dienst“ in Kisumu verrichtet, und zwar bei der KYFA (Kisumu Youth Football Association). Ich habe diesen Artikel wie viele viele andere Dokumente damals ausgedruckt und mit nach Kenia genommen. Kurz vor meinem Kisumu-Trip habe ich mich daran erinnert, den Artikel mitgenommen und im Anschluss der Messe in Kisumu ein paar Leute nach der KYFA gefragt. Etwa eine Stunde später stand ich neben Tobi auf dem “Kenyatta Playground“, mitten in Kisumu, auf dem u.a. gerade ein Fußballspiel einer Frauenmannschaft stattfand. Mit Tobi hatte ich eine gute Unterhaltung und er hat sich gefreut, wie er es nannte, nochmal “öchern“ zu können (“Öcher Platt“ zu sprechen).

Anschließend gings für mich in das “Impala Sanctuary“, einem nah gelegenen National Park, der nicht nur direkt am Lake Victoria gelegen ist, sondern auch frei herumlaufende Impalas und Zebras beheimatet. Zu meiner Überraschung stand ich plötzlich sogar vor Leoparden, Geparden, Hyänen und Löwen. Ich war echt von den Socken, da mich die Tiere wirklich beeindrucken - nur leider, und das war nicht sehr schön zu sehen, waren diese Tiere einem Käfig eingesperrt. 


Dann gings auch schon zum Flughafen. African Time. Anstatt 16:20 Uhr verlor ich erst gegen 20:00 Uhr den Boden unter den Füßen... Als ich dann in Nairobi noch an den überfordertesten Taxi- nein Autofahrer aller aller Zeiten geriet, war ich gegen Mitternacht fix und foxy in meinem Volontärshaus in Limuru.


Der Start in die letzte Woche als Volontär bei African Impact

Die Zeit rast. Langsam aber sicher neigt sich meine Zeit hier in Kenia dem Ende. Ich muss gestehen, ... leider. Ich freue mich schon wieder sehr auf meine Familie und auf meine Freunde, keine Frage, wirklich sehr sogar, aber ich weiß auch, dass ich Kenia sehr vermissen werde.

Okay, also nach ein paar wenigen Stunden Schlaf bin ich dann Montag morgen in meine letzte “freiwillige“ Woche gestartet. Im Karuri Health Center habe ich oft mit Tuberkulose und HIV-Patienten zu tun und es ist wirklich sehr interessant, das alles hier zu sehen, zu erleben.

Dass das Thema HIV oder AIDS in Kenia ein “bedeutendes“ Thema ist, wusste ich im Vorfeld meiner Abreise bereits theoretisch. Hier, in der Klinik, sehe ich es. Das Karuri Health Center besteht aus insgesamt drei Gebäuden. Im rechten (und kleinsten) der drei Gebäude befindet sich die “CCC“, also die “Comprehensive Care Clinic“. Hier kommen alle Tuberkulose und HIV-Patienten hin. So bekommen die Letztgenannten ihre neue Monatsration an Tabletten, die sie täglich (ihr Leben “lang“) nehmen müssen; weiterhin werden bei jedem Besuch eines Patienten Eintragungen in dessen jeweilige “Akte“ vorgenommen, so insbesondere über dessen Wohlbefinden und Entwicklung im vergangenem Monat. 

Auf Nachfrage wurde mir erklärt, dass von der Regierung genügend Medikamente für alle HIV-Patienten zur Verfügung gestellt werden, und zwar kostenlos. Gute Neuigkeiten für mich. Das Gleiche gilt für Kondome - kostenlos. Eines der Hauptprobleme bzgl. der, ich nenne es mal Streuung von HIV ist wohl die Bereitschaft der Bevölkerung - die Bereitschaft, sich testen zu lassen und ebenso die Bereitschaft, verantwortungsvoll mit der Krankheit umzugehen. Auch habe ich mich gezielt nach dem Thema Prostitution informiert, welches in der Angelegenheit eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Mir wurde erklärt, dass die Prostitution in den Slums aufgrund der Armut ein großes Thema ist, und dass die Prostituierten auf Wunsch des Kunden auch ungeschützt aktiv werden, wenn dieser dafür mehr zahlt; dann ist alles andere wie eine mögliche Ansteckung mit HIV auf einmal völlig egal. Weitergehend wurde mir erklärt, und ich hoffe, dass ich die Zahlen jetzt richtig auf die Reihe kriege, dass sich in ganz Kenia lediglich 4 Millionen Menschen (!) haben testen lassen. Alleine von diesen sind 300.000 als HIV positiv bekannt. Es herrscht somit eine sehr große Dunkelziffer in Kenia, und die “Streuung“ nimmt ihren Lauf.... Hier ist viel zu tun. Hier muss insbesondere am Bewusstsein der Menschen gearbeitet werden.

Im mittleren Gebäude befindet sich der Mutter/Baby-Trakt. Hier befindet sich nicht nur, wie bereits im letzten Blogeintrag erwähnt, das Zimmer, in welchem die Babies gezielt überwacht werden, so z.B. durch monatliches Wiegen und Messen, oder eben auch geimpft werden, sondern hier gibt es auch Räumlichkeiten für werdende Mütter, die ebenfalls gezielt überwacht werden. Auch muss sich hier jede werdende Mutter zusammen mit ihrem (üblicherweise) Ehemann einem HIV-Test unterziehen. Das passiert mit einem Bluttropfen; die Bestimmung dauert lediglich knapp 10 Minuten (der Test hat Ähnlichkeit mit einem DrugWipe-Test der Polizei, nur eben mit Blut; bildet sich auf dem Kontrollstreifen nach 10 Minuten lediglich 1 roter Streifen: HIV negativ; bilden sich zwei parallel verlaufende Linien: HIV positiv). So kann der Virus bei einer werdenden Mutter eben frühzeitig erkannt werden, so dass gegebenenfalls eine Vorsorge getroffen werden kann, damit der Virus nicht auf das Baby übergeht (das ist für mich erstaunlicherweise tatsächlich medikamentös möglich).

Des Weiteren befindet sich in diesem Gebäude eine Räumlichkeit, das Labor, in welchem die Frauen gebären können; genügend Fachpersonal, um eine Geburt “durchzuführen“, steht hier zur Verfügung; dies kann (und teilweise muss) aber auch durch die hier zur Zeit tätigen Studenten durchgeführt werden. Am gestrigen Tag (Mittwoch) wurde mir sogar angeboten, bei einer Geburt anwesend zu sein bzw. zu assistieren. Ich habe abgelehnt; auch stand dafür genügend Personal zur Verfügung.




Sonstiges

Viele Menschen, mit denen ich hier in Kontakt komme, fragen mich nach meiner Arbeit zu Hause - bzw. fragen mich manchmal gezielt, ob ich zu Hause “auch“ Lehrer bin. Ich erkläre ihnen dann, dass ich Polizist bin und bei der “riot police“ (das ist die Übersetzung für Bereitschaftspolizei) arbeite. Wenn ich das dann wie so oft näher erläutern muss, erkläre ich, dass ich typischerweise bei Fußballspielen und Demonstrationen arbeiten und dann dafür sorgen muss, dass sich niemand gegenseitig die Köpfe einschlägt. Wenn dann noch nach dem Thema Demonstrationen gezielt gefragt wird, und dies teilweise auch sogar mit der gezielten Frage, ob es in Deutschland “Rassismus“ gibt, versuche ich, dieser Person zu erlären, dass es in Deutschland eine Minderheit von Personen gibt, die Rechtsradikal sind - und die ich typischerweise bei einer Demonstration als Polizist beschützen muss. Dies habe ich bisher oft erklärt (bzw. erklären müssen), und es ist mir immer “etwas schwer gefallen“, wenn ihr versteht was ich meine. Es ist mir sowas von peinlich und ich schäme mich jedes Mal sehr dafür, den Menschen hier sagen zu müssen, dass ein Teil meiner Landsleute rassistisch ist - das kann ich eigentlich gar nicht in Worte fassen. Nein, das ist wirklich unfassbar.
In etwa 2 Wochen fängt wieder meine Arbeit an. Ich freu mich drauf. 


Diverse Fotos

Damit das fleissige Lesen auch noch gebührend belohnt wird, gibts zum Schluss noch ein paar zusätzliche Fotos von der vergangenen Woche.... (nun wisst ihr auch, wie ich mich nach 90 Minuten Kirche gefühlt habe...)  :-)

Das ist der 36-jährige Frederik, der uns Volontäre als Koch täglich beim Zubereiten des Abendessens unterstützt (bzw. darauf aufpasst, dass niemand die Küche abfackelt); es gibt hier, ähnlich wie bei GVI in Mombasa, einen wöchentlichen Plan, der jeden mal sowohl in Kochen wie auch in Abwaschen einteilt


Zu den typischen kenianischen Essen gehört allen voran Ugali (wird aus Maismehl gemacht; ist günstig und macht schnell satt), sowie Spinach, Bohnen und Mais, Andazi, und natürlich, wie hier auf dem Foto abgebildet, Chapatis. Hier seht ihr meine persönliche Interpretation bei der Zubereitung von Letzteren.


Ein alter Kenianer versucht mit Stock und Schnur, im Lake Victoria einen Fisch zu angeln. Ein tolles Foto, wie ich finde...

  
Im o.a. Text seht ihr ein Foto von dem linken Gebäude des Karuri Health Centers. Hier sind die beiden anderen Gebäude abgebildet, über die ich oben berichtet habe; im Rechten befindet sich die "CCC"

In meinem Text habe ich über das hier abgebildete "Baby-Buch", wie ich es hier mal nenne, berichtet. Hier seht ihr die Grafik, mit der die optimale Entwicklung eines Babys/Kindes überwacht wird. Die hier abgebildete Grafik betrifft das Gewicht.
Neben "KESHO" ist auch die in Nairobi bzw. Korogocho tätige Organisation "KUTOKA-Network" ein MISEREOR-Partner. Dessen Kopf, Fr. John Webootsa, mit welchem ich mich noch treffen möchte, hat kürzlich den "Franco-German Human Rights award" verliehen bekommen, wie hier die nationale Zeitung von letztem Freitag berichtete. Alois zeigte mir diesen Artikel; er und John Webootsa sind Partner (versch. Organisationen), die das gleiche Ziel verfolgen: eine positive Entwicklung der Lebensumstände für die im Korogocho-Slum lebenden Menschen.

Es ist immer wieder unglaublich, wie schnell man hier in einen persönlichen Kontakt mit den Kenianern gerät. Dieses Foto entstand am vergangenen Freitag Abend in einem Bar/Restaurant; Oscar (Foto), Ann und Daniel fragten höflich, ob sie sich zu mir setzen dürfen - wir hatten einen tollen Abend zusammen. Ich ahnte dann allerdings noch nicht, dass ich "ein paar" Stunden später, nämlich nach meinem tollen Bustrip, so wie auf dem unten dargest. Foto aussehen würde..

Morgens, halb zehn in Kisumu :-)  Bitte beachtet meine kleinen Augen.. im Nachhinein vll schon ein bisschen lustig...  :-)


Ich bin mir nicht sicher, ob das hier ein Polizist ist, aber die Sicherheitskräfte laufen hier in ganz Kenia teilweise schwer bewaffnet rum (das Gewehr hat große Ähnlichkeit mit dem deutschen Gewehr G3).

Ein Schnappschuss aus meiner "Heimat" Limuru

So, das wars. Jetzt haben wir mittlerweile schon wieder 0:40 Uhr; in etwa 6 Stunden klingelt mein Wecker, um in meinen letzten Tag als Volontär zu starten. Es geht morgen, bzw. gleich, Freitag, im Rahmen einer Gemeinschaftsaktivität von uns Volontären in ein (für mich noch unbekanntes) Waisenhaus, um den Kids einen tollen Tag zu bereiten. Für mich heißt das, dass ich am heutigen Tag meinen letzten Tag im Karuri Health Center hatte. Das fand ich heute schon schade, keine Frage - es ist allerdings absolut nicht mit meinem letzten Tag also Volontär in Bombolulu/Mombasa vergleichbar; dieser Abschied fiel um Weiten schwerer....

Zugegeben, jetzt freue ich mich aber auch auf eine letzte Woche Urlaub in Nairobi's CBD, ganz ohne jegliche Verpflichtungen. 


Wir sehen uns...

Viele Grüße aus Kenia,

Andi


Mittwoch, 18. April 2012

Ein neuer Blickwinkel


Donnerstag in der Mukeu School, Freitag im Body of Christ Orphanage

Wie schon in meinem letzten Blogeintrag angekündigt haben Astrid und ich die Mukeu School auf den Kopf gestellt und gründlich gereinigt. Brian war der Einzige, der noch von den Kids auf dem Gelände herumlief; die anderen Kinder wurden bereits am Vortag von ihren Eltern bzw. Familien abgeholt, um die Ferienzeit bei ihnen zu verbringen. Kurz nach mittag war auch dieses Kapitel für Astrid und mich (leider) beendet.

Den anschließenden Freitag morgen haben wir im Rahmen der dann immer in einer der umliegenden Schulen stattfindenden "Gemeinschaftsaktivität" in dem Body of Christ Orphanage verbracht. An diesem morgen / vormittag haben wir zunächst auf dem Limuru-Market Obst für alle Kinder gekauft; anschließend wurden Luftballon- oder Handmalspiele durch uns veranstaltet. Es war schön, die Freude in den Augen der Kinder zu sehen, und ebenso eine neue Örtlichkeit kennen zu lernen.


 Ein letztes gemeinsames Wochenende

Astrid und ich hatten ein wirklich erstklassiges letztes Wochenende zusammen. Freitag mittag sind wir in den knapp 1,5 Stunden Fahrt entfernten Hell’s Gate National Park gefahren. Dort sind wir mit geliehenen Fahrrädern durch den Park gefahren, und zwar inmitten der dort lebenden und somit frei herumlaufenden Büffelherden, Zebras, Antilopen, Pumbas (Wildschweine aus “König der Löwen“) und Giraffen. 
 
Das war wirklich toll, und auch ganz anders als bei den “üblichen“ Safaris, bei denen man den permanenten “Schutz“ eines Fahrzeugs hat. Wir waren frei mit den Tieren und das hat teilweise auch zu Herzklopfen geführt - so z.B. wenn unser Weg mitten durch eine große Büffelherde führte... Die ebenfalls im Park lebenden Hyänen konnten wir allerdings leider nicht sehen. 



Nach etwa 40 Minuten Fahrt gelangten wir an den Punkt, von dem wir eine geführte Wanderung durch die Schluchten des Hell’s Gate machten, mit den von den umliegenden Hügeln herunterlaufenden "heißen Quellen" (aufgrund des dortigen Vulkans megaheißes Wasser), inklusive einem abschließenden Besuch eines Maasai-Dorfes auf einem Hügel, mit einem atemberaubenden Blick über das ganze Land (Kenia hat 42 Tribes/ Stämme; der bekannteste, der allerdings nur etwa 2 % der Bevölkerung ausmacht, sind die Maasai; der mit ca. 22% größte Tribe sind die Kikuyu, die hier v.a. in Limuru und Umgebung sowie in den Central Highlands rund um Mount Kenya leben; dann gibts noch Luo (Obama’s Vater), Kamba, etc). 
Auch Samstag haben wir einen wirklich tollen Ausflug gemacht, den wir wohl nicht vergessen werden.

Sonntag morgen war dann leider der Zeitpunkt der Verabschiedung gekommen; ich habe Astrid zum Flughafen gebracht....


Ein neuer Start in die 8. Woche

Wie ich in meinem vorherigen Blogeintrag erwähnt habe, sind die Kinder der Mukeu School aufgrund der Schulferien nun bei ihren Eltern bzw. Familien. Ich habe African Impact über meine bisherige Erfahrung berichtet und ihnen mitgeteilt, dass ich auch gerne weiterhin unterrichten würde, ggf. in sog. Holiday Clubs. Montag morgen habe ich allerdings erfahren, dass ich von nun an dem LCC, dem Limuru Children Centre, zugeteilt werde.

Unvoreingenommen an die Sache herangegangen habe ich im LCC allerdings schnell gemerkt, dass hier kein tatsächlicher Nutzen für mich da war - jedenfalls längst nicht so, wie ich es gewohnt war. Zunächst eine kurze Beschreibung: das LCC ist einerseits ein Waisenhaus, aber auch eine Anlaufstelle für andere Kinder. Unterrichtet wird hier nicht - abgesehen von einigen wenigen Vorschulkindern in einem dortigen Klassenraum (in dem momentan allerdings viele Gegenstände verstaut sind). Wenn keine Schulferien sind, befinden sich die meißten Kinder in den umliegenden Schulen, so dass sich dann kaum Kids im LCC befinden. Was ich mit meiner bisherigen Erfahrung sagen kann, ist, dass es die Kinder im LCC VERHÄLTNISMÄSSIG gut haben. Okay, einige der Kinder sind Waisen, einige der Kinder tragen das HI-Virus in sich. Dennoch bleibe ich bei meiner Aussage. 

Im LCC arbeiten 4 Frauen, davon 3 hauptsächlich in der Küche. Gibt es Volontäre im LCC, besteht deren hauptsächliche Aufgabe bzw. Arbeit einerseits aus dem Sortieren von Bohnen, sowie Mais und Reis; sprich Dreck entfernen, dann entscheiden, welche Körner/Stücke gut sind und welche schlecht; andererseits helfen die Volontäre dort auch beim Abwasch. Insgesamt muss ich sagen, dass der erste Tag im LCC nicht gut war; dabei muss ich allerdings im Hinterkopf behalten, dass dies nur die Regel entspricht, da bei all meinen bisherigen ersten Tagen dieser Tag eher schlecht als gut war. Alle Projekte haben sich bisher allerdings als eine Bereicherung erwiesen. Aller Anfang ist eben schwer. Aber mich hat am Montag dennoch die Frage beschäftigt, “ist es das, was ich die nächsten 2 Wochen, die letzten 2 Wochen machen möchte?“. Einerseits werfe ich ungern das Handtuch, aber ich muss auch mit Bestimmtheit sagen, dass ich als Volontär gerne gebraucht werde, so wie es bisher der Fall war, und nicht nur meine Zeit absitze. Als ein Gespräch mit einem anderen Volontär, der bisher ebenfalls im LCC eingeteilt war, ergab, dass das oben Geschilderte tatsächlich der tagtäglichen Arbeit entspricht, Essen sortieren und abwaschen, wobei die Kinder manchmal auch gar nicht vor Ort sind, habe ich beschlossen, das Projekt zu wechseln.

Da es zur jetzigen Ferienzeit wohl keine Projekte gibt, in denen ich als Lehrer gleichermaßen benötigt und gefordert werde, habe ich am Dienstag morgen in einem Gespräch mit African Impact darum gebeten, für meine restliche Zeit in einem Krankenhaus eingesetzt zu werden. Ich erhoffe mir von dieser Veränderung vor allem, einen ganz neuen Blickwinkel, eben eine ganz neue Erfahrung zu machen. Nachdem AI mir zusicherte, sich darum kümmern zu wollen, ging es für mich für diesen Tag noch zum LCC. Ich habe das Beste aus dem Tag gemacht; so habe ich für die dann anwesenden Kinder z.B. eine Luftballon-Party geschmissen und im ca. 20 Minuten Fußweg entfernten Feld beim Säen von Bohnen und Mais geholfen.

Nachmittags bin ich nach Limuru-Town gefahren und habe mich dort nach über 2-monatiger Abstinenz hemmungslos einem Frisör hingegeben, der mich für umgerechnet 1,90 € endlich wieder in einen vernünftigen Menschen mit militärisch korrektem Haarschnitt verwandelt hat. :-)


Karuri Health Center

Am Mittwoch morgen (heute) war es dann soweit - African Impact hat meinem Wunsch entsprochen und mich von nun an dem Karuri Health Center zugeteilt. Auch wenn ich nicht wusste, was mich dort erwartet, war ich wirklich froh, heute morgen alleine im Bus zu sitzen, um dorthin gefahren zu werden. Diese überschaubare medizinische Einrichtung liegt, wie deren Name schon sagt, in Karuri - einem kleinen Ort 11 km von Limuru in südöstlicher Richtung entfernt (was einer Fahrt von etwa 20 Minuten entspricht) auf dem Weg nach Nairobi. Der CBD von Nairobi ist von Karuri nochmal ca. 13 km entfernt. Das Karuri Health Center ist eine Einrichtung für diverse Anlässe; wenns allerdings ernst wird oder um ernstere Angelegenheiten geht, wird der/die Patient(in) in das nächst gelegene Krankenhaus gebracht.

Im Health Center angekommen machte die Leiterin Margaret zunächst einen kurzen Rundgang in den insgesamt 2 nebeneinander liegenden Gebäuden mit mir. Dann wurde ich, mit meinem tollen neuen weißen Kittel, dort für heute und morgen der Mutter/Baby-Station zugeteilt. Um dies kurz einzuführen: Kenia ist ein Entwicklungsland; die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt erschreckenderweise etwa 45 Jahre. Eine wesentliche Rolle dabei spielen AIDS und der HI-Virus. Unter anderem, aber auch vor allem diese Krankheit ist schuld an einer hohen Sterblichkeitsrate von Babys und Kindern. Um die Kinder bzw. Babys von Beginn, also Geburt an “überwachen“ zu können, kommen die Mütter mit ihren Babys 1 x pro Monat zu einer Kontrolluntersuchung in ihrem lokalen “Health Center“. Dazu bekommen sie nach jeder Geburt ein von der Regierung bezahltes “Baby-Heft“ ausgehändigt, in welchem sich alle notwendigen Daten befinden und mit der Zeit immer wieder neu eingetragen werden. So kann die Entwicklung eines jeden Babys / Kindes überwacht werden.

In der Mutter/Baby-Station arbeiten einige Schwestern, aber auch zwei 22-jährige Studenten aus Nairobi, die “Nursery“ studieren und in ihrem 3. und letztem Jahr auch eine praktische Tätigkeit in einer “rural area“ (in einem ländlichem Gebiet) aufweisen müssen. So sind die beiden dem Karuri Health Center zugeteilt worden - und das ist auch gut so, denn sie scheinen den Laden tatsächlich mehr oder weniger zu schmeißen. Ich habe mich alleine heute schon öfters gefragt, wie es hier wohl ohne die Studenten zugehen würe; sie sind hier wirklich von Nöten. Die beiden sitzen in einem Raum an 2 verschiedenen Tischen. Am ersten Tisch, an welchem ich heute tatkräftig ausgeholfen habe (Ja, Schatz, ich habe natürlich Handschuhe getragen) werden die Babys gewogen und gemessen; das Ergebnis wird u.a. in dem jeweiligen “Baby-Buch“ notiert. An dem zweiten Tisch wird ein Gesundheitsgespräch geführt; teilweise werden dort Medikamente verabreicht oder auch verschrieben. Dies ist normalerweise ausschließlich Arztsache - da hier allerdings keine Ärzte verfügbar sind, wird diese Tätigkeit (“stillschweigend“) von den Studenten übernommen.

Ich wurde heute wirklich gut aufgenommen, vor allem durch die beiden Studenten, die mich sogar in ihr Zimmer auf dem Gelände des Health Centers eingeladen haben. Die beiden teilen sich ein kleines Zimmer, in welchem sich auch nur ein Bett befindet. Dafür zahlen sie 1500 KES monatlich (etwa 14 €). Ich habe ihnen aus ihrem Interesse heraus meine mitgebrachten Fotos von Familie und Freunden gezeigt. Dafür habe ich von ihnen Andazi (typisch Kenianisches, fettiges Gebäck) und Chai (Tee) bekommen.

Nachdem mir Kalvin heute morgen ein paar Mal gezeigt hat, was wie zu tun ist, habe ich den praktischen Part, also das Wiegen (auf einer Wiege aus dem 15. Jahrhundet - grob geschätzt) und das Messen der Babys übernommen. Bis auf einer kurzen Pause, in der ich den beiden aus ihrem Interesse heraus meine mitgebrachten Fotos von Familie und Freunden gezeigt habe, war wirklich die ganze Zeit über viel zu tun - der Laden war bis mittags permanent gerammelt voll. So war ich auch wirklich froh, dass ich dazu beitragen konnte, dass alles etwas schneller voran ging... War also ein guter erster Tag in diesem vmtl. letztem neuen Kapitel und ich wurde gut aufgenommen, vor allem eben durch die beiden Studenten. Die zwei haben mich sogar in ihr Zimmer auf dem Gelände des Health Centers eingeladen; sie teilen sich ein kleines Zimmer, in welchem sich auch nur ein Bett befindet. Dort habe ich von ihnen Andazi (ein typisch kenianisches, fettiges Gebäck) und Chai (Tee mit Milch) bekommen. Ich bin daher sehr froh über diese “Veränderung“ und hoffe, dass ich so einerseits noch viel Neues über Land und Leute lernen und ebenfalls meine restliche Zeit noch gut und sinnvoll nutzen kann.

Auch wenn es hier vermutlich etwas schwierig werden könnte, hoffe ich, dass ich euch in meinem nächsten Blogeinträg ein paar Fotos vom Karuri Health Center präsentieren kann.


Sonstiges

Während ich diesen Blogeintrag hier, wie gewohnt, stuuuundenlang im Hauptgebäude des Brackenhurst Baptist International Conference Centre getippt habe, kam ich in ein Gespäch mit Johnson, einem 56-jährigen dunkelhäutigen US-Amerikaner, der hier ebenfalls “in guten Absichten“ unterwegs ist. Ich führte mit ihm eine lange und wirklich tolle Unterhaltung und zeigte ihm u.a. auch meinen Blog, von dem er sehr begeistert war. Vielleicht fahre ich mit ihm in der kommenden Woche mal zum Abendessen in die Hauptstadt... Auch muss ich sagen, dass (gute) Unterhaltungen dieser Art die beste Möglichkeit für mich bietet, meine Englischkenntnisse auszubauen bzw. zu vertiefen.

Am Freitag mittag, nach unserer allwöchentlichen Gemeinschaftsaktivität in einer der Schulen, werde ich, so ist der Plan, nach Nairobi fahren, um mich mit der Organisation KESHO zu treffen, die mit MISEREOR aus Aachen zusammenarbeitet. Ich bin sehr darauf gespannt, die Organisation kennen zu lernen und deren Arbeit zu sehen.

Anschließend werde ich mir bis 21:30 Uhr in Nairobi die Zeit vertreiben, und zwar bis dann, bis mein Nachtbus des Unternehmens “Easy Coach“ den Central Business District in Richtung Kisumu verlässt. Dort werde ich das kommende Wochenende verbringen. Kisumu ist nach Nairobi und Mombasa die drittgrößte Stadt in Kenia und direkt am Lake Victoria, also ganz im Westen Kenias, gelegen. Ich werde dort gegen 04:30 Uhr ankommen; das Busticket für die Hinfahrt für umgerechnet 12 € ist schon gekauft.

Und, nur um es nochmal zu erwähnen, ich freue mich wirklich sehr über die mittlerweile insgesamt 3200 Seitenaufrufe und über jeden Kommentar bzw. jede Nachricht von euch!! Danke und weiter so! :-)

Zum Schluss gibt es noch einen ganz dicken Kuss an meinen Schatz!! NAKUPENDA!!!!!


Kwa nana, 

Andi

Donnerstag, 12. April 2012

Anker lösen - oder doch eher werfen ?


Tja, so langsam heißt es Abschied nehmen. Kommenden Sonntag ist es soweit, dann sitze ich gegen 08:15 h wieder im Flieger in Richtung Heimat.

Vor einigen Minuten habe ich mein Feedback an African Impact abgegeben. Eine Frage von dem Bogen lautete „Was war dein Highlight während deiner Projekttätigkeit?“. Hmmm, das ist so eine komische Frage, die ich ähnlich gestellt des öfteren von Andi zu hören bekomme („Schatz, was hat dir am besten gefallen?“). Auch da weiß ich nie, was ich darauf antworten soll, weil ich mir angewöhnt habe bzw. mich darin übe, Dinge und Ereignisse gleichgültig zu betrachten. Ja, ja, ihr habt schon richtig gelesen, aber ich meine es wortwörtlich im Sinne von „gleich-gültig“. Ich mag diese Sichtweise, weil sie bedeutet, dass nichts ausdrücklich hervorgehoben werden muss, um als besonders wertvoll betrachtet zu werden. Wenn man einfach mal nur genau hinschaut, und ich meine wirklich nur hinschauen, ohne zu bewerten, erkennt man irgendwann wie besonders und einzigartig  jeder Umstand an sich schon ist ohne etwas dafür tun zu müssen. Man stellt fest, dass es nur im Auge des Betrachters liegt, wie er etwas empfindet und dass Selbstverantwortung eines der größten Geschenke ist. Also, warum soll ich mich des natürlichen Reichtums an wertvollen Augenblicken berauben, indem  ich anfange bestimmte Dinge auszuklammern, weil ich sie als schlecht bewerte oder nur die hervorhebe, die ich besonders toll finde?

Ich habe African Impact geantwortet, dass ich die ganze Reise, also nicht nur das Projekt,  als Highlight erlebe, weil jede hier gemachte Erfahrung ein weiterer Atemstoß in den Luftballon „persönlicher Horizont“ ist.

Im Grunde genommen gehe ich sogar so weit zu sagen, dass das ganze Leben , und damit meine ich nicht nur meins, ein Highlight, ein „hohes Licht“ ist. Ich bevorzuge es deshalb meine bzw. unsere  Afrikareise als ein weiteres selbstleuchtendes Lichtteilchen zu sehen, dass  ein allumfassendes  Licht erst vervollständigt.

Lasse ich allerdings die einzelnen Stationen des Kenyaaufenthalts noch mal revue passieren, wird mir sehr schnell klar, dass jede für sich ein weiteres  leuchtendes Element ist. Würde auch nur ein einziges fehlen, könnte die gesamte Reise nicht mehr die gleiche Leuchtkraft aufbringen, geschweige denn überhaupt Licht spenden.

Alles, was ich hier erlebt habe, Leid zu sehen und zu ertragen (der Besuch  in den Slums von Mombasa, der erste Tag in der Mukeu Schule...) oder  sowie Freude zu schenken und auch anzunehmen (die unglaublich offenen und freundlichen Menschen hier, die liebevollen Umarmungen der Kinder in der Mukeu Schule,...) hat dazu beigetragen, die Welt in einem anderen Licht zu sehen und vor allem zu erkennen, wie dicht alles beieinander liegt und nichts ohne das andere existieren kann.  Gäbe es den Überfluß nicht, gäbe es auch keine Armut. Gäbe es kein Leid, gäbe es auch die Freude nicht. Gäbe es die Dunkelheit nicht, gäbe es auch kein Licht.

Für mich war es vor allem interessant zu sehen, in wie weit ich bereit bin, die „Dunkelheit“ auszuhalten. Und je weiter ich mich auf die Schattenseite gewagt habe, desto mehr bin ich mit wärmenden Licht belohnt worden. Die weitverbreitete Angst vor der Dunkelheit scheint also mehr eine Illusion als fürchterliche Realität zu sein.

Hier in Kenia herrscht eine so andere Lebenseinstellung, die wirklich vieles in den Schatten stellt. Das Leben der Menschen, die wir kennengelernt haben ist geprägt von Lebensfreude, Rhythmus, Leidenschaft, Offenheit, Freiheit, Musik, Lachen und...Hakunamatata :-)! Armut ist hier tatsächlich an der Tagesordnung, aber wenige Besitztümer zu haben und wirklich hart für seinen Lebensunterhalt ackern zu müssen ,  bedeutet nicht gleich in Depressionen zu verfallen oder Opfer gesellschaftlicher Isolation zu werden. Im Gegenteil. Hier sitzen alle im gleichen Boot und das verbindet. Hier braucht keiner Angst davor zu haben, dass einer dem anderen etwas wegnimmt oder neidet. Ganz anders als bei uns, hier im fernen Westen, wo Besitz den Glauben hervorruft, sich vor anderen schützen zu müssen. Die Einschätzung der Wichtigkeit materieller Dinge scheint uns in einzelne, kleine Boote zu setzen, die sich gegenseitig anstoßen und dadurch in unterschiedliche Richtung gelenkt werden.

Anders betrachtet, leiden hier in Kenia viele Menschen an anderen Dingen, wie z.B. Hunger und  organischen Krankheiten, die u.a. auf Armut sowie mangelnde Hygiene und Aufklärung zurückzuführen sind. Für uns alltägliche Begriffe wie Burnout, Depression oder Angstzustände existieren auf Kiswahili, glaube ich, gar nicht und wenn, dann würden sie wahrscheinlich lauten „Hahaha“. Diese Krankheiten sind der Preis, den wir in unserer Leistungsgesellschaft bezahlen.

Das vorherrschende Ungleichgewicht ist mehr als offensichtlich, nur scheint keine Seite mehr vom Licht angestrahlt zu werden als die andere – zumindest  äußerlich betrachtet.  

Vielleicht muß man einfach auch nur mal die Perspektive wechseln, um klarer sehen zu können. Wäre es nicht möglich, dass unsere Welten eventuell „gleich-gültig“ sind?  Dass jede Welt und somit auch jeder Mensch, egal ob arm oder reich, ob aus Ost oder West, ob Weiß oder Schwarz, aus sich herausstrahlt und kein Licht – in welcher Form auch immer – benötigt, um aus dem Schatten heraus zu kommen? Sterne sind auch selbstleuchtende Körper, die wir in Abhängigkeit von äußeren Umständen (z.B. durch Wolken) manchmal sehen und manchmal wiederum nicht. Vielleicht kreieren wir unsere Wolken durch eine Verschiebung der Werte, durch eine Bewertung  dessen, was wichtig im Leben ist und was nicht, selber und nehmen uns so die Sicht auf die Sonne.  Aber wie dicht die Wolkendecke auch sein mag, die Sterne sind dennoch permanent da, unabhänging von den äußeren Umständen. Wir brauchen sie nicht zu sehen, um zu wissen, dass sie existieren. Allerdings ist es erfahrungsgemäß auch so, dass Dinge sprichwörtlich gerne aus dem Sinn verschwinden, wenn sie erst mal aus dem Augen sind.

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns ständig daran erinnern, wenn wir glauben nur von Dunkelheit umgeben zu sein, dass es nichts braucht, um selbst leuchten zu können. Ich weiß aber auch, wie schwer es ist, den Lichtschalter zu finden, wenn man (meint) alleine im Dunkeln zu stehen.

Darum bin ich unglaublich froh, diese Reise gemeinsam mit Andi gemacht zu haben. In den Momenten, in denen wir mit wirklich elendigem Leid konfrontiert wurden, war er für mich eine Art Anker. Ab und zu haben die Erlebnisse es tatsächlich geschafft mich in ein einzelnes Boot zu setzen, aber durch den Anker bin ich am Platz geblieben und konnte nicht in diffuse Richtungen wegtreiben.

Und für die Menschen, die glauben keinen Anker zu haben, ist die Erinnerung daran vielleicht hilfreich, dass es auch noch einen Nordstern  gibt, der schon vielen verirrten Seefahrern wieder den Weg nach Hause gewiesen hat.

Unsere letzte Aktion in der Mukeu Schule bestand darin,  leuchtende Sterne an die Decke der Schlafräume der Kinder zu hängen. Da sie gestern schon von ihren Eltern abgeholt wurden, werden sie Sterne erst sehen, wenn sie nach den Ferien  wieder im Internat sind und glauben, weit weg von zu Hause zu sein.




Am Sonntag werde ich Kenia verlassen und wieder nach Hause zurückkehren – im Wissen, überall zu Hause sein zu können.

...

Eine Sache möchte ich allerdings noch los werden. Wie ihr Andis Bericht entnehmen konntet, habe ich am Ostersonntag an einem Karatetraining in Nairobi teilgenommen. An dieser Stelle möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei Klaus M. und Marié Niino bedanken, durch die dieses Treffen erst möglich wurde. Des weiteren möchte ich mich insbesondere noch mal ausdrücklich bei Marié für ihre großzügigen Spenden (Karategis, Karate-T-Shirst, Karatekinderbücher) bedanken. Die Kinder haben sich sehr darüber gefreut und waren äußerst dankbar. Asante sana!!!

Ok,  jetzt ist es aber so weit. Ein letztes Kwa heri aus Kenia!


Astrid



Mittwoch, 11. April 2012

Wochenende in Nairobi und Finale in der Mukeu School


Nairobi

Nachdem der Samstag für uns nicht nur aus zeitlichen Gründen, sondern auch sonst sprichwörtlich ins Wasser gefallen ist und wir daher nicht zu unserem Besuch im “Hell’s Gate NP“ gekommen sind, haben wir uns Ostersonntag Morgen auf den Weg nach Nairobi gemacht; die Fahrtdauer vom nordwestlich entfernten Limuru beträgt per Taxi eine knappe Stunde. Nairobi ist nicht nur die Hauptstadt Kenias, sondern auch die “Haupt“-stadt ganz Ostafrikas.

Zugegeben, das oben genannte im Hinterkopf, genau wie die ganze Vorfreude auf diese 4 Millionen Menschen große Stadt, führten dazu, dass wir unseren dortigen Aufenthalt irgendwie unwirklich wahrnahmen... wir konnten es irgendwie nicht fassen, dass wir nun, ENDLICH UND TATSÄCHLICH in Nairobi waren und dort rumliefen...
 
Also... Ostersonntag und Ostermontag haben wir komplett in der Hauptstadt verbracht, inklusive einer Übernachtung in einem Billig-Hotel im CBD (Central Business District). Das Doppelzimmer für umgerechnet 20 Kröten hatte alles, was man braucht (eine Hand reicht allerdings nicht aus, um die ganzen “Iiiiiiiiiih“s von Astrid zu zählen).  :-)  

Als Polizeibeamter bin ich 2011 der IPA (International Police Association) beigetreten. Vor meiner Abreise habe ich die IPA Kenya über meinen Aufenthalt informiert, worauf sich der in Nairobi stationierte Vorsitzende der IPA Kenya, Shuaib A., bei mir per E-Mail gemeldet hat. Mit ihm haben Astrid und ich uns am Sonntag Mittag auf einen Kaffee getroffen. Servo per Amikeko!

Astrid trat als langjähriges Karate-As und Inhaberin des II. Dan (II. Schwarzer Gürtel) vor ihrer Abreise in Kontakt mit einem kenianischen Karate-Trainer, der in Nairobi eine Karate-Gruppe trainiert. Mit ihm, James, haben wir uns am frühen Sonntag Nachmittag in dem etwas nördlich vom CBD gelegenen “Parklands Sportsclub“ getroffen. Astrid hat sich über das schon angekündigte Angebot, mittrainieren zu können, sehr gefreut - doch eh sie sich versah, stand sie vor der Gruppe und “musste“ spontan das Training übernehmen. Das war für Astrid unbeschreiblich, und für mich genau so. Es war wirklich beeindruckend, sie so zu sehen - als einzige Frau, als einzige Weisse, vor der Gruppe Braun- und Schwarz-Gurte. Und man merkte den Einheimischen deutlich an, dass es etwas besonderes für sie war, von Astrid trainiert zu werden. Karate hat den Ursprung in Japan und hat sich schon lange auf der ganzen Welt etabliert. Man kann die Karatekas, also alle, die Karate trainieren, als eine große internationale Familie zusammenfassen. Das hat dieses tolle Treffen gezeigt - hier wurden Freundschaften geschlossen. 

Abends gings nach dem Abendessen für Astrid und mich noch für ein paar kühle “Tusker“ in die Open-Air-Bar “Simmers“, ebenfalls mitten im CBD und erstaunlicherweise direkt gegenüber von meinem zukünftigen “Sixeighty Hotel“, in welchem ich in meiner letzten Urlaubswoche unterkommen werde (also in ca. 2,5 Wochen).

Am nächsten Tag haben Astrid und ich den CBD in- und auswendig gelernt. Nach einem Spaziergang im Uhuru-Park gings zum Mahnmal bzgl. des am 07.08.1998 durch Al Quaida verübten terroristischen Bombenattentats auf die US-Botschaft. Viele Menschen starben, noch mehr wurden schwer verletzt. Wo sich einst das Gebäude befand, befindet sich nun ein Gedenk-Park. Ein 50-minütiger Film brachte uns die Hintergründe über das Attentat nahe. 


Anschließend war es soweit: soooo sehr habe ich mich auf das “Kenyatta International Conference Centre“ gefreut - das Wahrzeichen von Nairobi; ebenfalls mitten im CBD gelegen. Zu unserer Freude konnten wir es nicht nur von außen bzw. unten besichtigen, nein, wir konnten auch rein und rauf! Ein wirklich unfassbarer Blick über ganz Nairobi bot sich uns, als wir die oberste Ebene in luftiger Höhe betraten. Ich hoffe, man sieht auf dem Foto nicht, dass ich einen mittelgroßen Köttel in der Hose trage...



Finale in der Mukeu School

Dienstag und Mittwoch (10./11.04.2012) waren unsere letzten beiden (richtigen) Tage in der Mukeu School, da ja nun wie bereits erwähnt die Ferienzeit in Kenia beginnt und die Kinder daher Mittwoch von deren Eltern (bzw. Familien) abgeholt wurden. 

Astrid und ich haben heute, Mittwoch, unsere mitgebrachten materiellen Spenden wie z.B. Spielsachen wie Rennautos oder Bälle, Klamotten, Malstifte und -poster etc. an die Kinder bzw. an die Schule verteilt. An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an alle Spender, hier insbesondere an die, die Astrids Spendenkoffer gefüllt haben!! Das war heute ein wirklich toller Tag; wir konnten tatsächlich die Freude in den Augen der Kinder sehen, als wir die Sachen verteilt haben. Das war unbeschreiblich. Vielen, vielen Dank!!!

Nach der “Spendenaktion“ kamen die Kids der Mukeu School noch in den Genuss des prinzlichen “Kengeleeds“ von eurer Hoheit, Brudervater Prinz Alfred III. und seinem Zerm Gregor. Der Tanz hat gut geklappt, die Kinder hatten Spaß. Anschließend wurden noch ein paar Fotos von Großfamilie Wings +  Freunden gezeigt.


Die Kinder waren heute aber auch sehr froh darüber, dass sie von ihren Eltern/Familien abgeholt werden. Irgendwie ist das Ganze mit gemischten Gefühlen zu betrachten. Aber darüber zu philosophieren, würde jetzt an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Nur das hier: Es heißt, wie schon im vergangenen Blogeintrag beschrieben, dass (geistige) Behinderungen in Kenia ein Tabuthema sind, dass die Gesellschaft und v.a. die Eltern nicht wissen, mit diesen Kindern umzugehen, dass es vorgekommen ist, dass Eltern ihr Kinder eingesperrt oder gefesselt haben. Das im Hinterkopf gibt einen bitteren Beigeschmack bei der ganzen “Wiedersehensfreude“ am heutigen Tag. Die Kinder tun niemandem etwas Schlechtes und sind sehr liebesbedürftig. Auch wenn sich die Mukeu School bis heute Schritt für Schritt zum Positiven entwickelt hat, ist hier noch viel zu tun, um den Kindern die tagtägliche Unterkunft zu geben, die für sie lebenswert und v.a. würdevoll ist. Ich hoffe, dass dies weiterhin, Schritt für Schritt, geschieht. Und ich hoffe, dass die Eltern und die Gemeinschaften in Zukunft so gut mit ihren behinderten Kindern umgehen, wie sie es verdienen. Lebenswert und würdevoll. Aber, um das Ganze an dieser Stelle abzuschließen, es war für Astrid und mich heute wirklich toll, die Freude in den Gesichtern der Kinder zu sehen.

Fakt ist, dass der erste Tag an dieser Schule für uns beide ein tierischer Schlag ins Gesicht war; wir waren beide echt fertig. Fakt ist, dass uns die Kinder mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind - Fakt ist, dass wir sie sehr vermissen werden. Nach der Verabschiedung von den Kindern am späten Mittag wurden wir auch mit ein paar tollen Worten und einem Dankesbrief von der Leiterin Margaret verabschiedet.





Sonstiges

Den morgigen Tag werden Astrid und ich ebenfalls noch in der Mukeu School verbringen. Diesmal allerdings ohne Kinder. Diesmal mit Putzeimer, Wischmop und Spucke in den Händen. Auch das gehört zu den Aufgaben der Volontäre. Nach jedem “Term“ wird die ganze Bude auf den Kopf gestellt; alles wird komplett gesäubert und aufgeräumt. Dann wird Margaret, die Leiterin der Schule, auch einen Umschlag mit einem nicht unerheblichen Spendenbetrag von uns bekommen, den wir aus unserem Spendenbündel herausnehmen. Auch an dieser Stelle nochmal ein stilles Dankeschön. Freitag geht es dann für uns, genau wie für die 7 anderen Volontäre zusammen für eine Gemeinschaftsaktivität in die “Body of Christ“ School in Limuru. Dieser Tag wird Astrid’s letzter Tag als Volontär von African Impact. Nach einem letzten gemeinsamen Samstag wird sie mich am Sonntag für meine restlichen 3 Wochen hier alleine lassen... Jedenfalls war das, und das kann ich jetzt schon sagen, eine wirklich tolle Erfahrung mit ihr. Ich bin sehr froh darüber, dass dies hier nicht nur meine, sondern auch unsere gemeinsame Erfahrung ist.

Meinen Kumpels wünsche ich einen schönen 10./11.04.! Krass, schon 9 Jahre! Wir holen das nach, Jungs - wie immer! :-)

Andi