Samstag, 7. April 2012

Halbzeit


Astrid und ich haben die letzten beiden Urlaubstage in Mombasa noch gut genutzt (wobei ich erwähnen muss dass diese Urlaubswoche alles andere als erholsam war - dafür haben wir sehr viel gesehen und erlebt). So sind wir auch am Sonntag, unserem letzten Tag in Mombasa, ins ca. 30 km südlich gelegene Diani gefahren und sind dort ins Meer gesprungen. Endlich! Das war in meinen 5 Wochen Aufenthalt in Mombasa tatsächlich das erste Mal, dass ich im Indischen Ozean war.


Karibu Nairobi na Limuru

Montags gings dann mit dem Flieger nach Nairobi. Es war schon schade, von Mombasa Abschied nehmen zu müssen, aber wir haben uns auch sehr auf Nairobi und unser neues Zuhause auf Zeit, das 30 km nordwestlich von Nairobi entfernte Limuru, gefreut. Der erste Eindruck von Nairobi war: angenehm frisch (im Gegensatz zum megaheissen Mombasa) + Regen! Dazu muss ich sagen, dass es in Kenia 2 Regenzeiten gibt; eine kleine und eine große Regenzeit. Die große Regenzeit hätte eigentlich schon vor etwa 2 Wochen beginnen sollen - war also etwas spaet dieses Jahr, und Astrid und ich konnten unsere Zeit in Mombasa noch uneingeschränkt geniessen. Nun scheint es aber so, als wenn die Regenzeit dann begonnen hat, waehrend wir im Flieger sassen. Gut, daran müssen wir uns jetzt gewoehnen - das wussten wir ja auch vorher. Wir wurden am Flughafen von einem Mitarbeiter von “African Impact“ erwartet - so heisst die Organisation, mit der wir nun in Limuru arbeiten. Die ca. 1-stündige Fahrt ging am CBD (Central Busines District) vorbei und ich konnte endlich das “Kenyatta International Conference Centre“ live und in Farbe sehen - dieses markante Hochhaus ist das Wahrzeichen von Nairobi.

Wir Volontaere sind, genau wie unsere Ansprechpartner von African Impact, auf dem riesigen Gelaende des “Brackenhurst International Conference Centre“ untergebracht, und zwar in einem Volontaershaus. Das Gelände befindet sich auf einem Hügel inmitten der riesigen Teeplantagen in Limuru und ist etwa 4 km von Limuru-Town entfernt. Als wir hier vor unserem Volontärshaus aus dem Auto stiegen, merkten wir erstmal, wovon uns die ganzen Einheimischen in Mombasa erzählt haben: es ist so megakalt in Limuru! Echt, das ist ein so riesengrosser Unterschied zu Mombasa, und auch sogar zu Nairobi. Wir befinden uns hier in etwa 2200 m Höhe - mit anderen Worten - tausche FlipFlops gegen lange Hose und Pulli (+ Regenjacke). Und das ist trotzdem manchmal sogar noch zu kalt.
Was Astrid und ich wie in den ganzen Unterlagen angekündigt erwartet haben: nach Geschlechtern getrennte Mehrbettzimmer. Was wir bekommen haben: ein eigenes (kleines) Zimmer mit Doppelbett! Wir sind megafroh darüber, kann sich bestimmt jeder denken...


Gettin’ started

Wir sind insgesamt 9 neue Volontäre (u.a. aus Hong Kong, UK, Norwegen), die am Montag ihr Projekt bei African Impact begonnen haben; ein Volontär war schon da. Dienstag morgen gab es zunächst eine theoretische Einführung in die Organisation African Impact selber, sowie v.a. in die ganzen Projekte, in denen die Organisation arbeitet. Im “Education+Community“-Bereich unterstützt African Impact 4 Schulen in Limuru und Umgebung, da ist allen voran das nächst gelegene LCC (Limuru Children’s Centre), dann die Hope School, die Schule Body of Christ und die Mukeu School. Bei der Letztgenannten handelt es sich um eine, ich nenne es mal Schule, in der geistig behinderte Kinder ein Zuhause finden. Nach der Powerpoint-unterstützten theoretischen Vorstellung der Schulen begann die Einteilung der Volontäre in die einzelnen Projekte / Schulen durch die Mitarbeiterin von African Impact namens Charity (das ist lustigerweise ihr tatsächlicher Name). 

Astrid und ich wurden in der Mukeu School eingeteilt - und wir waren auch, unabhängig voneinander - sehr froh über diese Entscheidung von AI. Während der theoretischen Vorstellung dachten wir uns, jeder für sich, dass das eine Herausforderung sein mag. Nach der Einteilung gings dann auch schon direkt los - wie jeden Morgen werden wir Volontäre um 08:00 Uhr mit einem Matatu-ähnlichem Kleinbus zu den einzelnen Schulen gefahren und nacheinander rausgelassen. Astrid und ich sind immer die letzten im Bus und die ersten, die wieder abgeholt werden, da sich die Mukeu School im ca. 16 km nördlich liegenden Ort Lari befindet; nachdem die vor uns letzten Volontäre rausgelassen werden dauerts nochmal ca. 30 Min., bis wir an der Schule sind. Die letzten 5 Minuten Fahrt sind dann über Stock und Stein...



Mukeu School for mentally challenged learners

Astid und ich waren wie erwähnt sehr froh über unsere Platzierung durch AI in diesem Projekt. Und das sind wir auch immer noch - wenn nicht sogar noch mehr als vorher. Aber, um ehrlich zu sein, das war ein wirklich krasser erster Tag. Wir waren nach der Platzierung froh über eine solche Herausforderung - und die haben wir auch bekommen; das Projekt stellt wirklich eine Herausforderung für uns beide dar. Unser 1. Tag bestand aufgrund der Einteilung nur aus einem “halben“ Tag; nur ein paar Stunden; aber das war auch wirklich gut so. Wir waren wirklich sehr geschockt (ich denke das ist das richtige Wort), klar, zum ersten Mal die geistig behinderten Kinder zu “erleben“, aber auch die Zustände und Hintergründe zu sehen, zu erfahren. In der Mukeu School sind insgesamt 41 Kinder im Alter von 5-13 Jahren mit unterschiedlichen geistigen Behinderungen - von Autismus über Down Syndrom bis hin zu Hyperaktivitaet etc. Die Schule ist vor einigen Jahren gegründet worden, um diesen Kindern gezielte Fürsorge und Aufmerksamkeit schenken zu können. Seit letztem Jahr hat sich die “Lehrer“zahl von 1 auf 3 erhöht; dazu arbeiten in Mukeu noch 3 Frauen und 1 Mann, welche hauptsächlich für die Betreueung der Kinder zuständig sind. Tag und Nacht. Da wäre ich auch schon direkt beim nächsten Punkt. Nur die wenigsten der Kinder sind Waisen, sprich, die meißten Kinder haben Eltern bzw. eine Familie. Da das Thema Behinderungen in Kenia allerdings ein Tabuthema ist, und die Kinder nicht nur von der Gesellschaft ungewollt sind, sondern auch die Eltern nicht wissen, mit ihnen umzugehen, und sie daher einsperren oder gar fesseln, haben die Kinder seit etwa letztem Jahr nicht nur über Tag, sondern auch über Nacht ein Zuhause. Und schon bin ich wieder beim nächsten Punkt. Das Zuhause, die “Schule“, besteht aus 1 Gebäude. In diesem Gebäude befinden sich 2 Klassenräume und für die Jungs und Mädchen jeweils ein Schlafraum. Beim Besuch der Schlafräume fiel sofort der müffige Gestank auf. Im etwa 30 qm großen Jungs-Zimmer habe ich die Betten gezählt: 9 Doppel-Etagenbetten, macht insgesamt 18 Matratzen. Dazu kommt noch eine Schlafniesche in der Ecke, in welcher der Betreuer schläft. Bei den Maedels sieht es ähnlich aus. 

Der erste Tag war somit geprägt von heftigen Eindrücken und, zugegeben, es war auch mental sehr anstrengend, sich mit den Kindern zu beschäftigen. Astrid und ich waren fix und foxi, als wir “zu Hause“ waren.
Aber so ist das nun mal... aller Anfang ist schwer.

Nachmittags sprudelten wir nur so von Ideen. Was können wir tun, was können wir verändern bzw. verbessern? Auch wenn der Tag heftig war - wir waren uns nach wie vor einig, dass wir froh darüber waren, dort platziert worden zu sein.
 

Der nächste Tag war schon gar nicht mehr so “schlimm“ - wir wussten, was uns erwartet, und das war schon die halbe Miete. Es ist, ich nenne es mal beeindruckend zu sehen, wie anhänglich die Kids sind - sie scheinen viel Liebe zu benötigen bzw. zu vermissen und wollen immer umarmt werden. Wenn es nicht regnet, sitzen wir mit ihnen entweder auf der Wiese, schaukeln, oder spielen einfache Spiele mit ihnen, die uns mehr oder weniger spontan einfallen. “Unterricht“ findet in den Klassenräumen eigentlich nicht statt; die dortige “Arbeit“ beschränkt sich hauptsächlich auf die Betreuung und Beschäftigung der Kinder. So wird oft gemalt, mit Kreide gespielt, gepuzzlet oder Ähnliches. In den letzten Tagen mussten die Kinder “Examensarbeiten schreiben“, bestehend aus einfachsten Aufgaben, was allerdings teilweise nur sehr schwer zu meistern war.

Da in ganz Kenia die Schulferienzeit vor der Türe steht, werden auch die Kinder der Mukeu School für diese Zeit zurück zu ihren Familien gehen - und zwar ab kommenden Mittwoch. Wie und wann es dann projektmaessig für Astrid und mich weitergeht, wird noch entschieden. Ich denke an eine Platzierung in einem Waisenhaus oder einem “Holiday-Program“.

In der Mukeu School gibt es kaum Vorräte jeglicher Art und uns sind die teilweise schlechten Zähne der Kids aufgefallen; so haben wir in Limuru genügend Zahnpasta gekauft und diese zusammen mit den insgesamt 48 mitgebrachten Zahnbürsten (danke an Micha Huppertz) an die Leiterin ausgehändigt, die sich sehr darüber gefreut hat. Auch hat eine meiner 4 übrigen Weltkarten Platz in einem Klassenraum gefunden. Nun haben wir mittlerweile Freitag und die Kinder sind uns schon richtig ans Herz gewachsen.

Apropos mittlerweile Freitag.... die Zeit rast hier so schnell! Echt krass, wenn ich bedenke, dass ich nun schon 6 Wochen lang hier bin... die Halbzeit ist nun schon rum und ich habe “nur“ noch 4 Wochen hier in Kenia - 3 im Projekt und 1 letzte Urlaubswoche in Nairobi.



Sonstiges

Heute, also Freitag, waren wir nicht in der Mukeu School, da wir Volontäre ein gemeinsames Sportprogramm im LCC (Limuru Children’s Centre) veranstalteten. Wir gingen mit den Kindern zu dem zu Fuß 15-minütig entfernten Sportfeld, und wie schon von Bombolulu gewohnt spielten die Jungs Fussball und die Mädels inklusive Astrid Skipping-Rope (Seilspringen). Bei dem LCC handelt es sich um eine Mischung aus Waisenhaus und Schule, und ich muss sagen, dass die Kinder es zwar nicht megagut, aber auch nicht sehr schlecht dort haben. Also, da habe ich schon andere Plätze / Unterkünfte gesehen, wie z.B. die Mukeu School. Auch wenn einige der dortigen Kinder das HIV-Virus in sich tragen, machen sie einen sehr glücklichen Eindruck. Ich habe kurz die Englisch-Grammatikkenntnisse einer 8-Jaehrigen und einer 13-Jaehrigen getestet und war positiv überrascht. War ein toller Vormittag, der leider von einer starken Regenschauer gestört wurde. 
Nachmittags habe ich die in Gigiri (etwas nördlich von Nairobi) liegende US-Botschaft und den United Nations - Compound besucht - leider nur von außen, inklusive einiger skeptischer Blicke der dortigen Sicherheitskräfte. Aber wer weiß - vielleicht komm ich ja noch rein... Die Verhandlungsgespräche laufen jedenfalls... :-)

Abgesehen von der stark muslimisch gepräegten Küstenregion, so u.a. in Mombasa, ist Kenia an sich hauptsächlich christlich; die Einheimischen freuen sich momentan sehr über das Osterfest und hier und da sieht man auf den Straßen ein paar Menschenansammlungen, die den Karfreitag, den “Good Friday“, gedenken.

Astrid und mir geht es sehr gut, alles paletti. Wir freuen uns nun auf drei freie Tage (Sa-Mo) für uns. Samstag, also morgen, ach nein, heute (wir haben mittlerweile 3:30 Uhr morgens - dieser Blogeintrag hat mich gerade mal 7 Stunden gekostet) machen wir einen Tagesausflug in den 50 km nördlich von Limuru entfernten Hell’s Gate National Park; Sonntag gehts bis Montag nach Nairobi.

 Ach ja, nur zur Info - ich nutze hier in Kenia eine andere SIM-Karte. Wer mir also Nachrichten etc. geschickt hat - die kommen erst in 4 Wochen am Frankfurter Flughafen an. Meine jetzige Handynummer lautet +254 715 549797.


Frohe Ostern,

Andi


1 Kommentar:

  1. Andi und Astrid, tolle Bilder habt ihr hier reingestellt.
    Wir feiern Ostern mit der Familie, und wir 3 mädels, Sophia, Jana und Laura, haben uns nach dem Essen deinen blog angeschaut.
    Der Wahnsinn, wir freuen uns schon darauf zu erfahren, was ihr in den nächsten Tagen noch alles erleben werdet :)

    Viele Grüße

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